Menu
menu

„Bürger fahren Bürger“

Für mehr Mobilität im ländlichen Raum

Seit Mitte Februar ist der erste Bürgerbus Sachsen-Anhalts in und um Osterburg unterwegs. Das Pilotprojekt für mehr Lebensqualität in der dünn besiedelten Altmark wird von EU und Land gefördert, lebt vor allem aber vom ehrenamtlichen Einsatz der Fahrerinnen und Fahrer.

Am 19. Februar 2018 startete der Bürgerbus Osterburg den Linienverkehr. Ein Novum im sachsen-anhaltischen Nahverkehr, sagt Sophie Golinski vom Referat Demografische Entwicklung und Prognosen im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr.

„Bürger können sich mit Unterstützung des Landes und ihrer Gemeinde in der Nachbarschaft engagieren und selbst zur Verbesserung der Lebensqualität in ihrem Umfeld beitragen. Nach dem Motto ‚Bürger fahren Bürger‘ kann es sein, dass der Nachbar hinter dem Steuer sitzt“.

Das Ministerium ist Lead-Partner im transnationalen Kooperationsprojekt „RUMOBIL“, das Golinski koordiniert.

Gemeinsam erarbeiten die RUMOBIL-Partnerregionen in Deutschland, Italien, Kroatien, Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn zukunftsfähige Strategien für die Mobilität im ländlichen Raum.

In diesem Rahmen werden aktuell die „Bürgerbusse für Sachsen-Anhalt“ aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Versorgungslücken schließen

Die Hansestadt Osterburg und demnächst auch die Gemeinde Möser erproben das alternative Mobilitätsangebot jetzt drei Jahre lang. Unterstützt wird das Pilotprojekt von der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (NASA) GmbH. Die Bürgerbusse ergänzen das bestehende ÖPNV-Angebot, schließen räumliche und zeitliche Lücken in ländlich geprägten Gegenden.

Im Raum Osterburg bedient der Bürgerbus acht Strecken nach einem festen Fahrplan im 14-tägigen Rhythmus. Das Liniennetz ist so ausgelegt, dass vor allem ältere Menschen aus kleineren Orten in den Vormittagsstunden ihre Arztbesuche, Einkäufe und andere Erledigungen in der Kernstadt Osterburg wahrnehmen können. Sie zahlen dafür ein geringes Entgelt, das sich an den Nahverkehrstarifen orientiert.

Bis zu acht Fahrgäste finden Platz in dem geleasten Kleinbus, finanziert von EU und Land, die insgesamt 45.000 Euro Fördergelder pro Bürgerbusprojekt bereitstellen. Von dem Geld werden außerdem zusätzliche Haltestellen errichtet und die Ausbildung der Fahrer bezahlt. Denn am Steuer sitzen ausschließlich Ehrenamtler.

Bürgerschaftlich organisierter Fahrdienst

Die Fahrer benötigen keinen speziellen Busführerschein, müssen allerdings einen sogenannten „Personenbeförderungsschein“ vorweisen. Sie sind komplett versichert und erhalten ein Kilometergeld für die eigene Anfahrt. „Die ehrenamtlichen Fahrer können ihre Einsätze frei wählen. Bevorzugt sind sie in ihren eigenen Ortschaften unterwegs“, sagt Sophie Golinski.

Die 29-Jährige begleitet das Projekt von Anfang an. „Es gab eine intensive Planungsphase von gut einem Jahr, um mit den Einwohnern und Verantwortlichen vor Ort zu besprechen, wie wir einen wirklichen Beitrag zur ländlichen Entwicklung leisten können.“

Jetzt, nach dem offiziellen Startschuss, habe sie ein gutes Gefühl, dass das Projekt angenommen werde, so Golinski. Es komme in dieser Phase vor allem darauf an sicherzustellen, „dass man keine leeren Busse durchs Land schickt. Und dass die ehrenamtlichen Fahrer uns erhalten bleiben.“

Folgeprojekte bereits geplant

Für das Bürgerbus-Pilotprojekt hatte es neben Osterburg und Möser noch viele weitere Interessenten gegeben.

Die NASA GmbH prüfe daher derzeit, welche Alternativangebote für die leer ausgegangenen Kommunen in Frage kommen, sagt Sophie Golinski. Weil es beim Thema Nahverkehr großen Bedarf gebe, bewerbe sich das Ministerium bei der EU bereits um ein Folgeprojekt ab 2019 – dieses Mal zugeschnitten auf Jugendliche.

Als Nächstes steht jedoch erst einmal der Start des Bürgerbusses Möser an. Der ist für den 3. Mai geplant. Sophie Golinski, die studierte Geographin, wünscht sich, „dass die Bürgerbusse so funktionieren, wie wir sie konzipiert haben.“ So sollen möglichst viele Menschen im ländlichen Raum von ihnen profitieren und die Ortschaften wieder mit mehr Lebensqualität punkten.