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„In the middle of Nüscht“ – Ein besonderer Slogan und seine Geschichte

Die Altmark ganz liebevoll und mit einem Augenzwinkern betrachtet

Wo liegt eigentlich Osterburg? Für Westdeutsche in den späten Neunzigern ein Rätsel. Jana Henning bringt es damals spöttisch auf den Punkt. Aus ihrem Erklärversuch ist ein inoffizielles Motto für ihre Heimatstadt und eine ganze Region geworden.

Als Jana Henning 1998 aus Osterburg in der Altmark nach Neuss bei Düsseldorf zog, wurde sie häufig gefragt, woher sie kommt. Dann hat sie erklärt, wo die Altmark liegt.

Doch auch bei näherer geografischer Umschreibung gab es nur leere Blicke. Vom Osten Deutschlands hatte man am Niederrhein keine Ahnung: Osterburg, Stendal, Salzwedel? Noch nie gehört!

Dann versuchte es Jana Henning mit „westlich von Berlin“ – schon deutlich besser, aber das war ihr selbst zu ungenau. Und schließlich, als sie müde war zu erklären, wo genau denn dieses Osterburg nun eigentlich liegt, sagte sie nur noch: „Da, wo auf der Landkarte alles so grün ist, und dort ‚In the middle of Nüscht‘“.

Damit kamen die Leute eher klar. Zwar war die Altmark damit auch nicht wirklich verortet, aber diese liebevolle, augenzwinkernde Umschreibung war amüsant und weckte Neugier. Dass ihr flapsiger Spruch Jahre später mal eine wichtige Stellung in ihrem Leben einnehmen würde, war für die damals freie Autorin und Bloggerin nicht absehbar.

Ein neuer Leitspruch muss her

Im Sommer 2012 rief Osterburgs Bürgermeister Nico Schulz die Bewohner seiner Stadt auf: „Wir alle sind Osterburg – finden Sie unseren Slogan“. Alle waren eingeladen, einen neuen Leitspruch für die Einheitsgemeinde Hansestadt Osterburg (Altmark) vorzuschlagen. Über 200 Vorschläge gingen ein – darunter „In the middle of Nüscht“ von Jana Henning.

Schon der Aufruf, dass die Menschen, die in der 2009 neugebildeten Einheitsgemeinde leben, diese auch aktiv mitgestalten sollten, war beispielgebend und schuf ein neues Heimatgefühl.

Die Bundeshauptstadt wirbt mit „Be Berlin“, Sachsen-Anhalt sah sich damals als „Land der Frühaufsteher“. Und Osterburg? Nutzte bislang den Wahlspruch „Stadt der kurzen Wege“. Doch das ist Geschichte. Denn Osterburg schickte den in der Öffentlichkeit kaum bekannten Leitspruch, der sich inhaltlich spätestens nach Gründung der Einheitsgemeinde erledigt hatte, endgültig in Rente.

 

Auf Broschüren und Internetseiten der Stadt Osterburg sowie in amtlichen Briefköpfen sollte künftig ein neuer Slogan stehen. Welcher, durfte nach Meinung von Bürgermeister Nico Schulz und den Osterburger Stadträten nicht allein im Rathaus entschieden werden: „Wir alle sind Osterburg. Deshalb sollen auch alle Einwohner die Möglichkeit haben, selbst einen Slogan vorzuschlagen, mit dem sich unsere Einheitsgemeinde wirklich identifizieren kann“, begründete Bürgermeister Nico Schulz den Ideenwettbewerb.

Im September 2012 wurden der Öffentlichkeit die in die engere Wahl gerückten Leitsprüche präsentiert – und noch immer mit dabei: „In the middle of Nüscht“ von Jana Henning. Der Stadtrat der Hansestadt einigte sich letztlich auf den Vorschlag „Wir leben Land“. Jana Hennings „In the middle of Nüscht“ behält man sich für spezielle Kampagnen vor.

Der Zauber von Gladigau

Das alles ist jetzt sechs Jahre her. Jana Henning ist nach vielen Jahren in Nordrhein-Westfalen zurück in der Heimat – inzwischen verheiratet und Mutter eines Sohnes. Sie ist bei der Stadt Osterburg angestellt und vermarktet immer wieder auch ihren eigenen Slogan.

„Es macht mich glücklich, stolz und zufrieden, dass meine Worte hier so liebevoll und humorig behandelt werden“, so die studierte Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin. „Dieses Interesse an meinem Slogan hat mich hier ganz leicht wieder ankommen lassen.“ Während sie Jahre zuvor nur raus wollte aus „In the middle of Nüscht“, gibt es jetzt für sie keinen schöneren Platz zum Leben als die Altmark.

Vor Monaten fiel der 41-Jährigen auf, dass ihr Spruch als Buchtitel eines Reiseführers durch die östliche Altmark herhalten soll. Als sie die Verlegerin anrief um ihr zu erzählen, wie es zu dem Spruch kam, erhielt sie die Einladung, sich in dem Buch als Mit-Autorin mit ihren Lieblingsplätzen einzubringen.

Das hat die sympathische Osterburgerin dann natürlich in ihrem ganz eigenen Stil getan. Sie schreibt über den Zauber von Gladigau. Das Dorf im Landkreis Stendal holte 2015 übrigens eine von zehn Goldmedaillen im bundesweiten Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“.

Und so viel sei an dieser Stelle verraten: Wer sich auf den voraussichtlich Ende Oktober erscheinenden Reiseführer einlässt, der sollte sich auch darauf einstellen, dass er ein neues Wunsch-Reiseziel haben könnte – irgendwo „In the middle of Nüscht“.

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