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Dehnungsfuge – Auf dem Lande alles dicht?

Projektbeschreibung

Dehnungsfugen gleichen beim Bauen das Ausdehnen und Schrumpfen von Bauteilen und Materialien aus. Beim gleichnamigen Bundesmodellprojekt geschieht dies mit realen oder vermeintlichen Rissen in der Gesellschaft: solchen zwischen Alt und Jung, Kultur und Kommerz, Einheimischen und MigrantInnen, Stadt und Land – flexibel, elastisch, stabilisierend.

Die „Kunst der Dehnungsfuge” balanciert unterschiedliche Interessen im Gemeinwesen aus, verbindet, schafft Raum für Visionen und demokratische Teilhabe. Torsten Sowada von der Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e. V.: „Wir schaffen Möglichkeiten zur Entfaltung, bieten Raum für Entwicklungspotenziale in der Familie, auf dem Schulhof, in der Nachbarschaft, in Dörfern und Kiezen der Städte. Wir stoßen an, füllen aus, aktivieren, beraten, vernetzen; in Sachsen-Anhalt in Lutherstadt Eisleben und in Stendal. Weitere Projekte gibt es in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Brandenburg.”

Im Mansfelder Land wie in der Altmark findet man leerstehende Häuser, verlassene Gehöfte oder Gemeindeeinrichtungen. Neues Leben entsteht dort nicht auf Knopfdruck. Frische Ideen Jugendlicher speisen seine Entwicklung mit „Empowerment“ in einem zivilgesellschaftlichen Bottom-up-Prozess.

 

Beispiel Lutherstadt Eisleben – „Leer bietet mehr!”

Eine Umfrage unter Jugendlichen ergab viele Wünsche. Vor allem aber sollte die Stadt bunter werden! Graffiti-Workshops wurden angeboten. Profis der „Freiraumgalerie“ Halle gaben Anleitung. Die Tönsmeier Entsorgungsdienste GmbH stellte die Glascontainer und übernahm die Sachkosten. Zum Auftakt im April 2016 fand ein Infoabend im Theaterfoyer statt, denn die Theaterpädagogin Kathrin Lau und Elisa Haftendorn im freiwilligen sozialen Jahr hatten die Kampagne initiiert.

Zehn Containerstandorte in Eisleben erhielten bereits einen neuen Look, gestaltet von Jugendlichen aus Einrichtungen der Kinder-und Jugendarbeit, zukünftigen GestalterInnen der Berufsschule und geflüchteten Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Iran. Der städtische Raum selbst wurde durch Interaktion zur gemeinsamen „Bühne”, auch die Stadtgesellschaft wurde bunter. Der Prozess wurde von einem Video-Team dokumentiert. Im August 2016 gab es ein großes Abschlussfest.

 

Zielsetzung der Dehnungsfuge

Es sollen sozialkulturelle Kompetenzen an Jugendliche im ländlichen Raum vermittelt und sie zur demokratischen Teilhabe am Gemeinwesen motiviert und mobilisiert werden.

 

Kontext

Mit der Abwanderung vor allem junger Menschen aus ländlichen in urbane Räume brechen soziale und kulturelle Infrastrukturen weg, sind Schulen und Krankenhäuser nicht mehr gut erreichbar, lösen sich Vereine wegen Nachwuchsmangel auf.

Die Regionen verlieren noch mehr an Attraktivität. Die Frustration darüber machen sich Rechtsextreme durch soziales Pseudo-Engagement zunutze. Manche Unwissenheit und Skepsis in der Bevölkerung gegenüber Neuem und Unbekanntem erleichtert ihnen den Zugang.

Dem wirkt das Modellprojekt entgegen. Soziale Kernkompetenzen und Partizipation werden praxiskonkret gefördert, z. B. durch die Revitalisierung leer stehender Gebäude, durch alternative lokale Kulturangebote und lokalpolitische Einflussnahme. Das regt zum „Hierbleiben” an, denn man hat selbst mitgewirkt.

Sogar Ideen für neue Arbeitsplätze entstehen. Bestehende Netzwerke verstetigen sich durch die Bindung junger Menschen. Der Lebensraum wird attraktiver. Die Teilhabe der Jugendlichen wirkt auch biografisch prägend für den einzelnen Lebensweg.

 

Methodik, Ablauf

Das Projekt kehrt negative Auswirkungen der demografischen Entwicklung in Chancen um, indem es im wahrsten Sinne des Wortes leere Räume revitalisiert. Es ermöglicht Jugendlichen dort eigene Ideen zu verwirklichen. Gemischte Gruppen erkunden und dokumentieren Leerstände und entwerfen basisdemokratisch eigenverantwortliche Projekte nach ihren Vorstellungen und Bedürfnissen. Die Räume werden mit partizipativ-nachhaltigen Bildungs- und Kulturprojekten wieder mit Leben erfüllt.

Digitale Kommunikation spielt dabei im ländlichen Raum eine besonders große Rolle. Begleitet, befähigt und begeistert werden die Jugendlichen von professionellen Partnern aus Bildung, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur.

 

Arbeitsergebnisse

Es wurden unter anderem mehrere Kunst-, Tanz-, Theater- und Graffiti-Projekte sowie diverse Projekttage und -wochen, Workshops und andere Veranstaltungen umgesetzt. Für die ersten leerstehenden Gebäude wurden Nutzungspläne entwickelt.

 

Projektzeitraum

01.03.2015 - 31.12.2019

 

Zielgruppe

Jugendliche, MigrantInnen, interessierte Öffentlichkeit

 

Kooperationspartner (beispielhafte Aufzählung)

  • Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Kommunikation und Medien / CrossMediaPlattform „Die Wählerischen”
  • Theater der Altmark, Stendal
  • Kulturwerk Mansfeld-Südharz Schauspiel
  • Lutherstadt Eisleben
  • Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mansfeld Südharz
  • freies Radio Corax Halle

 

Finanzierung

  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“
  • Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Sachsen-Anhalt
  • Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt

 

Kontakte

Torsten Sowada, Dr. Mieste Hotopp-Riecke
Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e. V. – (lkj)
Fachbereich Interkulturelle Bildung, Netzwerk und Geschichtslernen,
Bundesmodellprojekt „Dehnungsfuge – Auf dem Lande alles dicht?“
Brandenburger Str. 9
39104 Magdeburg
Telefon: 0391 2445 174
E-Mail: torsten.sowada(at)jugend-lsa.de
Web: https://www.dehnungsfuge.com

 

Fallbeispiel Lutherstadt Eisleben – „Leer bietet mehr!”

Kathrin Lau
Telefon: 03475 6699 32
E-Mail: dehnungsfuge(at)theater-eisleben.de