Die klein- und mittelständisch geprägte Industrie in Sachsen-Anhalt steht spätestens 2022 an einem Wendepunkt: Einerseits wachsen Kosten- und Innovationsdruck. Globaler Wettbewerb, Fachkräftemangel, neue gesetzliche Rahmenbedingungen wie etwa das Sorgfaltspflichten- bzw. Lieferkettengesetz sowie veränderte Nachhaltigkeitsforderungen von Kunden und Kapitalgebern erschweren das Wirtschaften am Hochlohnstandort Deutschland in einer durch Unterschiede geprägten Region.
Moderne Technologien werden erschwinglicher
Digitalisierung und Automatisierung der Verwaltungs- und der Arbeitsprozesse werden zum Hoffnungsträger. Denn so schnell wie in den vergangenen Jahren ist die technologische Entwicklung noch nie vorangeschritten. Die Gesellschaft erlebt eine gewaltige Durchdringung mit digitalen, smarten und vernetzten Technologien – im Beruflichen und Privaten. Viele Technologien, die bisher teuer und nur mit Spezialwissen nutzbar waren, sind inzwischen erschwinglich und einfacher bedienbar. Selbst in Robotik, augmentierter (also erweiterter) Realität mit intelligenten Brillen oder für auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Softwarelösungen werden oftmals keine hochspezialisierten Fachkräfte benötigt – weder in der Implementierung noch beim Betrieb.
Wie kann Sachsen-Anhalt die neuen Technologien bestmöglich zur Verbindung von Stadt und Land nutzen? Die produzierenden Unternehmen profitieren unter anderem durch neuartige digitale Assistenzsysteme. Ziel ist nicht die voll automatisierte Fabrik, sondern die bestmögliche Unterstützung der Menschen darin. Der Einsatz von neuen Technologien macht auch kleinere Unternehmen im ländlichen Raum attraktiv für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Weniger Stress bei gesteigerter Effizienz
Digitale Assistenten unterstützen beispielsweise beim immer wieder neuen Erlernen von komplexen Logistik-, Planungs- oder Montageprozessen. So kann etwa ein KI-basiertes Visualisierungssystem dem Menschen zeigen, welches Teil als nächstes zu greifen, wie es zu montieren und ob es schließlich korrekt verschraubt worden ist. Das reduziert Stress und erhöht sogar die Zufriedenheit – bei gesteigerter Effizienz und Qualität. Selbst Sprachbarrieren und Leistungsminderungen können mithilfe digitaler Helfer überwunden werden.
Ebenso kraftvoll unterstützen neue Sensoren, KI und das Internet der Dinge die Vernetzung von Akteuren, Fahrzeugen und Planungs- und Steuerungssystemen in Verkehr und Logistik. Neue Dienstleistungen wie die sogenannte
Mobility-on-Demand (Mobilität auf Nachfrage) machen die Menschen auf dem Land mobiler. Starre Fahrpläne mit seltenen Abfahrten werden ersetzt durch Abholservices zur Wunschuhrzeit.
Entfernung zum Arbeitsplatz kein Problem
Stauzeiten in der Stadt und auf Autobahnen sinken durch intelligente Verkehrsführung. Dynamische Ampelzeiten, wechselseitige Einbahnstraßen und zukünftig autonome Fahrzeuge machen die Stadt der Zukunft auch nachhaltiger, weil pünktlicher und schneller. Neue Kommunikationstechnologien und schnelles Internet haben das Homeoffice mittlerweile akzeptiert und etabliert gemacht. Längere Wege zum Vor-Ort-Arbeitsplatz werden denkbar. Reisen lassen sich schon heute anbieter- und verkehrsträgerübergreifend auf einer einzelnen Plattform planen. Lästiges Wechseln zwischen Servicestellen, Apps und Webseiten entfällt.
Zukünftig werden aber auch die tatsächlichen Angebote von Bus-, Bahn- und anderen Mobilitätsanbietern wie Elektrorollern zusammenwachsen, sodass lästige Warte- und lange Reisezeiten entfallen. Das macht die ländlichen Regionen langfristig attraktiv.
Chancen für den ländlichen Raum
Auch Dienstleistungssektoren wie etwa die gerade auf dem Land so wichtige Pflege sowie der Einzelhandel profitieren von der Digitalisierung. Neue Planungssysteme flexibilisieren Schichtpläne. Ärztliche und pharmazeutische Versorgung werden durch Telemedizin ergänzt. Individuelle Lieferservices für Apotheken und Einzelhandel machen das selbstständige Leben auch im Alter auf dem Land in Würde möglich. Damit die Transformation gelingen kann, muss der Mensch bei all diesen Überlegungen im Mittelpunkt stehen.
Trotz unzähliger Vorteile stellen die neuen Technologien für viele Personengruppen noch ein Hindernis dar. Besonders Unternehmen müssen die Einführung neuer Technologien planvoll und sorgfältig angehen. Aus- und Weiterbildungssysteme, aber gerade auch das betriebliche und lebenslange Lernen müssen zu einem festen Bestandteil der Gesellschaft und der Unternehmenskulturen werden.
Zeit zum Warten gibt es nicht.
Gerade für Sachsen-Anhalt als Land mit vielen Gegensätzen und Herausforderungen gilt es, die Potenziale der Digitalisierung so schnell wie möglich zu erschließen.
Weiterführende Links:
MAGAZIN No. 4, S. 18
https://www.iff.fraunhofer.de