„Dehnungsfuge – Auf dem Lande alles dicht?“
Den Leerstand im ländlichen Raum mit Bildung, Kunst und Kultur beleben
Von Dr. Mieste Hotopp-Riecke und Torsten Sowada – .lkj) Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e. V.
Das Modellprojekt „Dehnungsfuge – Auf dem Lande alles dicht?“ des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ will dem demografischen Wandel in ländlichen Regionen mit Kunst und gesellschaftlichem Diskurs entgegenwirken – für das Bleiben und gegen Rechtsextremismus.
Leerstand im ländlichen Raum mit Leben füllen – dafür realisiert das Bundesmodellprojekt „Dehnungsfuge“ Kultur- und Bildungsprojekte, in denen Alteingesessene und Zugewanderte dem demografischen Wandel und der Politik-Verdrossenheit etwas entgegensetzen sollen. Dies passiert in mehreren Bundesländern in ganz unterschiedlichen Formen:
- In Lutherstadt Eisleben proben Jugendliche Theaterstücke und initiierten eine Sport-AG im leerstehenden Kaufhaus oder beleben den öffentlichen Raum mit Graffiti-Kunst.
- In Brandenburg entstehen in einer leerstehenden Kapelle transportable Möbel. Visionsworkshops zur Leerstandsumnutzung werden on- und offline kommuniziert, Tanz-Video-Workshops beleben alte Fabrikhallen.
- In der Kleinen Markthalle der Hansestadt Stendal bietet die „Wunder-Bar“ Freiraum für diverse Ehrenamtsprojekte.
- Am vierten Standort, dem einzig noch bestehenden ehemaligen „sozialistischen Muster-Dorf“ Mestlin in Mecklenburg-Vorpommern steht ein ganzes Gebäude-Ensemble leer. Dort erobern Jugendliche mitten im Leerstand Inseln der interkulturellen Bildung für Foto- und Graffiti-Workshops, zum Chillen und Theaterspielen.
Die Idee, den Folgen des demografischen Wandels mit kultureller Bildung, mit Geschichtslernen, Netzwerken und Leerstandsbesetzung zu begegnen, erwies sich zunächst als schwer vermittelbar: Teils gab es keine konkret anvisierten leerstehenden Gebäude, denn derer gibt es schlicht zu viele. Teils gab es erste Aktivitäten, denen sich aber zunächst niemand anschloss. Um die Partizipation zu erhöhen, wurden Radio-Features geschaltet, Foto-Safaris und Visions-Workshops veranstaltet.
Sprachlich, religiös und sozial gemischte Teams
Einmal angestoßen, begriffen die Teilnehmenden und Multiplikatoren den Weg als Ziel und realisierten vielfältige Projektideen:
- kreativ umgesetzte Fotoausstellungen,
- Theater-Performances,
- Bürgerversammlungen,
- Graffiti-Kunst,
- Fachkonferenzen oder
- das selbst erstellte Erklärvideo „Was ist die Dehnungsfuge?“
Inwieweit die Jugendlichen weiterhin Kunst den Leerständen entgegensetzen und ob dann messbar mehr Menschen im Lande bleiben, wird von der Weiterentwicklung der Leitgedanken und der Rahmenbedingungen vor Ort abhängig sein:
Ist die Idee verankert? Sind das dazugehörige „Label“ und daran gekoppelte Kunstaktionen kohärent, wiedererkennbar und sinnstiftend?
Für die Aktionen in Stendal können diese Fragen mit „ja“ beantwortet werden. Durch wiederholt angeschobene Beteiligungsformate, Tanz- und Koch-Workshops oder Möbelbauen ließen sich dutzende Menschen animieren und aktivieren.
Um das knappe Budget aus Bundes- und Landesmitteln aufzustocken, werden die lokalen Netzwerke im Antragswesen gecoacht. Zehntausende Euro wurden so bereits von privaten Stiftungen akquiriert und vor Ort investiert. Ein Prinzip bei der Umsetzung inklusiver und integrativer Projekte der .lkj) ist die paritätische Besetzung der Projektleitenden sowie der Teilnehmenden: Sowohl sprachlich und religiös als auch sozial gemischte Teams kümmern sich um ebenso heterogene Jugendgruppen.
Die Vorteile: Sprachbarrieren werden schneller durchbrochen und es findet ein Wissenstransfer auf Augenhöhe statt. Erleichtert wird so auch die Einbindung von Minderheiten, seien es sozial Benachteiligte oder unbegleitete minderjährige Geflüchtete.
Entwickeln sich Netzwerkgröße, Kommunikation und Partizipation so dynamisch weiter wie bisher, kann etwas Bleibendes entstehen, das der Landflucht nachhaltig entgegenwirkt.
Ansprechpartner:
Dr. Mieste Hotopp-Riecke
E-Mail: mieste.hotopp-riecke(at)jugend-lsa.de
Torsten Sowada
E-Mail: torsten.sowada(at)jugend-lsa.de
Das Projekt „Dehnungsfuge“ der Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“.
Weitere Infos im Netz unter:
Projekt „Dehnungsfuge“:
Website der Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e. V.: