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Ein Platz für alle

Ein Platz für alle

Zentrale Plätze fördern seit jeher den sozialen Zusammenhalt im Dorf. Eine gemeinschaftliche Stätte ist gerade für Veranstaltungen wichtig. In Blankenheim im Südharz ist aus einem verwilderten Gelände so ein Ort geworden. Ein preisgekrönter Platz für alles und jeden.

Von Sabrina Gorges, Freie Journalistin

Ein Ostersamstag voller Leben und Gemeinschaft

Aufgeregt stehen die Kindergartenknirpse neben der Bühne. Sie tragen Hasenohren und Stummelschwänzchen und sie wollen ihren Geschwistern, Eltern, Großeltern und Freunden ein kleines Liederprogramm präsentieren. Ihr Aufgeregtsein an diesem sonnigen Ostersamstag hat einen guten Grund: Gut 200 Menschen sind zum Familiennachmittag in die Blankenheimer Mehrzweckhalle gekommen, fast alle Plätze sind besetzt. Es duftet nach Kaffee, das Kuchenbüffet sieht verlockend aus und von draußen zieht erster Grillgeruch in die bunt geschmückte Halle, in der am Abend noch eine Mallorca-Party stattfindet. Kurz darauf wird gesungen, sich im Kreis gedreht und geklatscht. Die Jungen und Mädchen der Kita „Storchennest“ haben Alt und Jung begeistert und werden mit viel Applaus belohnt. Draußen nimmt derweil die riesige Hüpfburg zwischen Halle und Spielplatz ihre bunte Gestalt an. Das ganze Dorf ist auf den Beinen – und Maik Schnelzer mittendrin.

Ein Verein mit Wurzeln und Visionen

Der Vorsitzende der Pfingstgesellschaft Blankenheim im Landkreis Mansfeld-Südharz trägt an diesem besonderen Tag die Vereinsfarben grün-weiß, wie viele Leute. Das Wappen mit der Eiche im Mittelpunkt ist überall präsent. Der Verein feiert nicht nur am Pfingstwochenende sein berühmtes Pfingstfest mit dem Brauch des „Pfingsttanzes“, auch an Ostern sorgt er für geselliges Beisammensein. „Wir zählen aktuell etwa 130 Mitglieder im Alter zwischen 4 und 86 Jahren“, erzählt Maik Schnelzer, der 1983 geboren ist und seinen Arbeits- und Lebensmittelpunkt in Thüringen hat. „Im November 2003 haben wir uns nach der Auflösung in den 1990er Jahren wiedergegründet. Die Wurzeln des Vereins reichen nach neuesten Erkenntnissen bis ins Jahr 1628 zurück.“

Der „Platz der Generationen“ entsteht

Im Ursprung eine traditionelle Burschenschaft aus der Bergbauregion im Mansfeldischen, ist die gemeinnützige Pfingstgesellschaft Blankenheim heute so etwas wie der Nabel des Dorfes. Zumindest kann man guten Gewissens sagen, dass sie ihn geschaffen hat: Den „Platz der Generationen“ mit Mehrzweckhalle, Kreativpavillon, Grillhütte, Naturteich, Outdoor-Sitzmöbeln und ausgedehnten Grünflächen, der direkt an der Straße nach Klosterrode und in Nachbarschaft der ehemaligen Grundschule liegt. „Es war alles total verwildert. Wir hatten die Vision, eine neue Dorfmitte zu schaffen“, berichtet Maik Schnelzer von den Anfängen. Die Vision der Pfingstgesellschaft mit seinem fünfköpfigen Vorstand wird zur Mission. „Wir haben viele Bezeichnungen für unser Projekt gefunden: Begegnungsstätte, Treffpunkt, Wohlfühloase, Lernort. Und aus den ersten Gedankenspielen im Jahr 2019 ist dann Stück für Stück der ‚Platz der Generationen‘ geworden.“ Die schön gestaltete, öffentlich zugängliche Fläche mit Mehrzweckcharakter ist ein sozialer Treffpunk für die Gemeinschaft des Dorfes Blankenheim und dem Ortsteil Klosterrode. „Einfach ein neues, kleines Dorfzentrum“, sagt Maik Schnelzer.

Ehrung für Engagement

Der 2024 fertiggestellte „Nabel von Blankenkeim“ ist inzwischen preisgekrönt. Im vergangenen Jahr wurde  die Pfingstgesellschaft Blankenheim mit dem Demografiepreis Sachsen-Anhalt geehrt, der jährlich vom Ministerium für Infrastruktur und Digitales für herausragendes ehrenamtliches Engagement verliehen wird. Die ausgezeichneten Projekte und Initiativen sind inspirierende Vorbilder. Für den „Platz der Generationen“ gab  es den mit 500 Euro dotierten Anerkennungspreis. Die gerahmte Urkunde des Ministeriums hängt voller Stolz im neuen Kreativpavillon, der für Treffen, Workshops, Seminare oder einfach nur fürs Kaffeekränzchen der perfekte Ort ist. Der Weg dahin war durchaus herausfordernd. „Wir hatten einen Plan im Kopf, aber wir mussten uns als Verein die Finanzierungsfrage stellen“, sagt Vorstandmitglied und Schatzmeister Steffen Zwanzig. Wieviel Geld ist nötig, um aus einem verwilderten Gelände einen „Platz der Genertionen“ zu schaffen? Welche Fördertöpfe können angezapft werden? Und kann der Verein die notwendigen Eigenmittel generieren?

Finanzierung mit Herz und Verstand

Zwischen 2020 und 2024 flossen insgesamt rund 165.000 Euro in die neue Dorfmitte. „Aus Fördertöpfen wie LEADER, der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt und der Kulturförderung des Landes hatten wir 116.000 Euro erfolgreich beantragt“, zieht Steffen Zwanzig Bilanz. 27.200 Euro Eigenmittel sowie Zuwendungen von Sponsoren, der Gemeinde, privaten Spendern und Preisgeldern machten die Sache rund. Bei der Preisverleihung des Demografiepreises Sachsen-Anhalt 2024 würdigte die Jury die „Verbesserung der Lebensqualität und der Perspektiven für Kinder und Jugendliche.“

Vereinsnetzwerk stärkt das Miteinander

Die Pfingstgesellschaft Blankenheim belebt die ehemalige Brache als Teil eines lebendigen Vereinsnetzwerks im Ort. Insgesamt acht Vereine sind in Blankenheim, das zwischen der Lutherstadt Eisleben und Sangerhausen liegt, aktiv. Da ist zum Beispiel der 2016 von engagierten Müttern gegründete Kinderförderverein, der mit Festen und Aktionen die Kleinsten begeistert und unter anderem zu Ostern, Pfingsten und zum Weihnachtsmarkt mit der Pfingstgesellschaft kooperiert. In nicht einmal zehn Jahren ist es dem Kinderförderverein Blankenheim gelungen, seine Mitgliederzahl auf heute 40 zu vervierfachen. „Wir sind bei den Veranstaltungen mit Kinderschminken, Bastelstraße und einem Zuckerwattestand vor Ort“, erzählt Gründungsmitglied Regine Zwanzig. „Wenn man ein lebendiges Dorf haben möchte, muss man die Dinge selbst in die Hand nehmen. Uns ist vor allem daran gelegen, Anreize zu schaffen, damit die Kinder aus dem Ort zusammenkommen.“

Im Vorstand der Pfingstgesellschaft gedeihen längst schon wieder neue Visionen, um den „Platz der Generationen“ qualitativ aufzuwerten. „Wir planen unter anderem eine Ladestation für E-Bikes und Handys, eine Photovoltaik-Anlage und eine Trockentoilette zur autarken Versorgung des Platzes, unabhängig von der Mehrzweckhalle“, blickt Maik Schnelzer in die Zukunft. An Motivation mangelt es seit der Wahrwerdung des perfekten Generationen-Platzes im kleinen Blankenheim jedenfalls nicht.

Infokasten: Immaterielles Kulturerbe „Pfingsttanz

Seit 2018 ist der Brauch des „Pfingsttanzes“ als Basis der kommunalen Entwicklung in der Verbandsgemeinde Mansfelder Grund-Helbra Immaterielles Kulturerbe der Unesco. Pfingstvereine wie der in Blankenheim zeigen demnach modellhaft, wie „ein gemeinsamer Brauch zu intensiver Zusammenarbeit auf kommunaler und kultureller Ebene führen kann“, heißt es zur Begründung. Es gibt sie in der Gegend seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Abläufe in den Pfingstgesellschaften sind unterschiedlich. Was nicht fehlen darf: Kostüme, Festumzug und das Maienschlagen. Maie ist ein altes Wort für Birke.