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„Zusammen sind wir mehr“

„Zusammen sind wir mehr“

In ländlichen Regionen ist Vereinsarbeit die Klammer, die Dörfer, Menschen und Interessen zusammenbringt - und zusammenhält. Auch in Barby ist das so. Hier kommen auf gut 8.000 Einwohnerinnen und Einwohner etwa 70 Vereine und ein besonderes Netzwerk.

Von Sabrina Gorges, Freie Journalistin

Ein Bürgermeister mit Herz für Vereinsarbeit

Wenn Jörn Weinert über Barby erzählt, fallen Wörter wie „familiär“, „offen“ und „kommunikativ“. Hier im malerischen Elbe-Saale-Winkel im Salzlandkreis ist die Welt „noch relativ in Ordnung“. Die Einheitsgemeinde, der er seit 2024 als hauptamtlicher Bürgermeister vorsteht, hat für ihn einen ebenso romantischen wie lebhaften Charme, der sich in ganz erheblichem Maße im „gruppenstiftenden Element einer intakten Vereins- und Festkultur“ wiederspiegelt. Und die ist sehr besonders. 

Jörn Weinert weiß, warum. „Unsere 2010 gegründete Einheitsgemeinde erstreckt sich auf einer Fläche von 153 Quadratkilometern. Wir haben gut 8.000 Einwohnerinnen und Einwohner, die in elf Orten und weiteren Splittersiedlungen leben. Hochgerechnet werden wir bis 2035 gut 1.000 Menschen weniger sein. Worauf wir aktuell besonders stolz sind, sind unsere 70 Vereine.“ Darunter Angelvereine, Sportvereine, Fördervereine, Reit- und Fahrvereine, Schützenvereine, Geflügelzüchter, Gartenfreunde  und, und, und. Das strahlt aus. Im vergangenen Jahr bekam der 2020 gegründete Verein „Cinema Barby e. V.“ einen Anerkennungspreis des Demografiepreises Sachsen-Anhalt. Mit der Auszeichnung würdigte das Land die Vereinsarbeit im Bereich der Kulturförderung und Gemeinschaftsstärkung. Seit August 2021 betreibt der Verein das ehemalige Kino in Barby als Begegnungs- und Kulturstätte.

 

Die große Anzahl an eingetragenen Vereinen und die breite Vielfalt ist angesichts der Strukturen aller Ehren wert, stecken doch hinter all dem viele, viele Menschen, die sich freiwillig und ehrenamtlich für das Gemeinwohl und den Zusammenhalt engagieren. So wie Jörn Weinert selbst, der gemeinsam mit einem starken Team in seinem Heimatort Zuchau den Verein „Wir sind das Dorf“ gegründet hat. „Vereine sind das Rückgrat eines intakten Dorflebens und des unseren ganz besonders.“ Denn die idyllische Einheitsgemeinde Stadt Barby am Zusammenfluss von Elbe und Saale ist eben genau durch Letztere in zwei Teile getrennt. „Zwei Drittel der Menschen wohnen nördlich der Saale, ein Drittel südlich“, weiß der Bürgermeister. „Wir sind nicht nur ohne Bahnanbindung, es gibt auch keine Brücke.“ Wer von A nach B möchte, muss die drei Gierseilfähren in Barby, Groß Rosenburg und Breitenhagen nutzen. 2026 soll der Bau einer Radwegebrücke über die Saale beginnen. Den Projektantrag des Salzlandkreises für die 275 Meter lange und drei Meter breite Schrägseilbrücke zwischen Groß Rosenburg und Tornitz hat der Bund bereits genehmigt. Mit einer Förderzusage von rund 4,8 Millionen Euro wird die Brücke in Zukunft ein Teil des Saaleradwegs sein. Dieser bringt, ebenso wie der Elberadweg, Touristen nach Barby.

Ein Netzwerk für alle Generationen

Seit dem vergangenen Jahr ist das Vereinsleben in und um Barby noch um einen Aspekt reicher. Unter der Federführung der ehemaligen Ministerialrätin Angelika Küstermann gründete sich 2024 das überparteiliche und überkonfessionelle Generationennetzwerk. Das Ziel: Alle gemeinwohlorientierten Vereine und interessierte Bürgerinnen und Bürger miteinander vernetzen und fördern. „Seinen Ursprung hat das Netzwerk in der Seniorengruppe und im Frauennetzwerk“, berichtet Angelika Küstermann. „Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass Alt und Jung dieselben Themen haben.“ Warum also nicht eine Art Dachverband schaffen, der die Interessen von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren bündelt? Küstermann zufolge gehen die aktuell etwa 20 Aktiven innerhalb des Generationennetzwerks „mehr die politischen Themen an“, etwa die der erfolgreichen Integration und des Miteinanders aller Alters- und Bevölkerungsgruppen. „Wenn wir von Anliegen oder Sorgen erfahren, versuchen wir in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen beziehungsweise Behörden eine Lösung zu finden.“

Kommunikation statt Bürokratie

Veranstaltungen unterschiedlichster Art dienen dabei als Kommunikationsplattformen. „Der direkte Austausch zwischen Menschen ist ganz, ganz wichtig“, sagt Angelika Küstermann, die Jahrgang 1949 ist. Nicht nur in den einzelnen Orten übern Gartenzaun, sondern übergreifend. Kommunikation ist etwas, was auch Bürgermeister Jörn Weinert und der 20-köpfige Stadtrat schätzen. „Die Drähte ins Generationennetzwerk sind kurz. Da braucht es keinen Staatsakt“, sagt das 1976 geborene Stadtoberhaupt. Dass es dieses Netzwerk im Speziellen und das vielfältige Vereinsleben im Allgemeinen in Barby gibt, habe etwas „Ausgleichendes“. „Ich spüre durchaus Zufriedenheit unter den Bürgerinnen und Bürgern und ein gesundes Maß an Entspanntheit“, ordnet Jörn Weinert ein, der auch Mitglied des Kreistages des Salzlandkreises ist und von 2010 bis 2013 ein Teil des Demografiebeirates in Sachsen-Anhalt war.

Zukunft des Netzwerks: Wachsen durch Zusammenhalt

Aktuell besitzt das Generationennetzwerk nicht die Struktur eines eingetragenen Vereins, für fünf Euro im Monat kann man aber trotzdem Mitglied sein. Für Jörn Weinert ist es gut, dass hier zunächst nichts „zwanghaft ritualisiert in ein Amt gequetscht wird“, sondern Inspiration und Sachkunde quasi auf Zuruf funktionieren. Er ist sich sicher: „Das Netzwerk wird sich auch so etablieren“. Angelika Küstermann wünscht sich, dass die Mitgliederzahl künftig wächst und nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Vereine unter das Dach des Generationennetzwerks schlüpfen. „Zusammen sind wir mehr und schaffen mehr“, bekräftigt die Initiatorin.

// www.stadt-barby.de