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„Zukunft, nur mit uns!“

Was fordern die Jugendlichen im Land?


Vom kostenfreien Nahverkehr bis hin zu verpflichtenden Lehrerfortbildungen für den Unterricht mit digitalen Medien: Auf dem 4. Demografie-Kongress der Landesregierung tauschten sich junge Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer aus ganz Sachsen-Anhalt über ihre Ideen und Wünsche für die Zukunft aus.

Premiere beim Demografie-Kongress: Erstmals fand ein Workshop nur für junge Menschen zwischen 14 und 21 Jahren statt. Er führt quasi das Konzept fort, das in der zweiten Demografie-Woche im Sommer 2017 angestoßen wurde.

Damals steuerte das „Demografie-Mobil“ ausgewählte Schulen in Sachsen-Anhalt an, um Schülerinnen und Schüler spielerisch in die Thematik des demografischen Wandels einzuführen und über ihre Zukunftsperspektiven zu sprechen.

Daraus entstand die Idee: „Dann fragen wir die Themen einfach mal direkt ab. Was beschäftigt denn die Jugend in unserem Land tatsächlich?“, sagt Christian Scharf. Er leitet das Projekt „GOEUROPE! Europäisches Jugend Kompetenz Zentrum Sachsen-Anhalt“, war 2017 mit dabei und hat jetzt den Jugend-Workshop auf dem Demografie-Kongress organisiert.

Eines der Hauptanliegen der Jugendberatungsstelle, die aus Mitteln des ESF-kofinanzierten Landesprogramms „Sachsen-Anhalt TRANSNATIONAL“ gefördert wird: Junge Menschen dabei unterstützen Europa und die Welt zu entdecken, Anregungen für die persönliche Zukunft zu sammeln und Kompetenzen für den späteren Beruf zu stärken.

„Was hat GOEUROPE! dann mit dem demografischen Wandel in Sachsen-Anhalt zu tun?“, fragt Christian Scharf und schickt die Antwort gleich hinterher: „Es funktioniert ein bisschen wie das Prinzip der Walz: Die Jugendlichen bringen Ideen aus der Ferne mit und bereichern damit unser Leben hier in Sachsen-Anhalt.“


Ganz oben auf der Agenda: Kostenfreier ÖPNV

An dem von Scharf geleiteten Workshop wirkten 15 Jugendliche aus Oschersleben, Gommern, Zerbst, Halle, Bitterfeld und Bernburg mit. Unter dem Motto „Jugendbeteiligung demografischer Wandel – Zukunft, nur mit uns!“ diskutierten sie gemeinsam ihre Verbesserungsvorschläge.

Eines der Themen, das dabei wiederholt zur Sprache kam, war die Forderung nach einem kostenfreien Personennahverkehr. Christian Scharf weiß aus vielen Jahren in der Bildungsarbeit, dass vor allem junge Menschen auf dem Land Angst davor haben, nicht teilhaben zu können – an Konzerten, Discos und anderen Veranstaltungen.

„Sie haben zum einen wenig Geld und zum anderen ist der ÖPNV in der Fläche längst nicht so entwickelt, dass die Jugendlichen auch abends oder nachts wieder problemlos nach Hause zurückkommen können“, sagt Christian Scharf. „Ich wohne selbst auf dem Land und weiß als Vater von drei Kindern, wovon ich spreche.“ Seit 1991 ist der 46-Jährige beruflich in der politischen und internationalen Jugendarbeit aktiv, seit 2009 bei GOEUROPE!

Im Workshop haben die Jugendlichen mit ihm ein Zehn-Punkte-Programm erarbeitet und es dann allen Kongressgästen auf großer Bühne präsentiert. Das Besondere: Per „VotAR“ – ein digitales Abstimmungs-Tool mit farbigen Stimmkarten – wurden die Meinungen des Publikums zu jeder Forderung sofort ausgewertet.

Für ein Bildungssystem, das Schüler auf die Zukunft vorbereitet

Genau genommen waren es sogar um die 25 Vorschläge, die die Jugendlichen zusammentrugen. Vielfach genannt: eine Reform des Bildungssystems. Die wünscht sich auch Tina Brockmeier aus Halle. Sie ist 19 Jahre alt und hat im Workshop mitdiskutiert: „Als Schüler wird man nicht auf die Zukunft vorbereitet – zu viele Fächer und alles zu allgemein.“

Sie hätte lieber Lebenspraktisches gelernt. Kochen zum Beispiel. Oder worauf es zu achten gilt beim Abschluss von Verträgen. Auch empfindet sie Noten als ungeeignet, um wirklich etwas über Stärken und Schwächen eines Menschen zu erfahren.

Tina Brockmeier hat ihr Abitur schon in der Tasche und absolviert bei GOEUROPE! derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr. Über das Zentrum ist sie im vergangenen Jahr nach Frankreich gereist – ein Projekt, das sogenannte Lernorte vorschlägt, an denen Jugendliche Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen erweitern können.

„Vor GOEUROPE! habe ich die Dimensionen und die Möglichkeiten, die Europa bedeutet, nicht erkannt“, sagt sie. „Auch wer ich bin und wer ich werden möchte, war mir unklar. Jetzt wird mir zumindest immer klarer, was ich nicht werden möchte – nämlich kein Ingenieur. Aber ein gesellschaftswissenschaftliches Studium könnte ich mir vorstellen.“

Wichtig war ihr beim Kongress vor allem, mit den anderen Teilnehmern reden zu können. Nur eines hätte sie sich noch gewünscht: Dass zur Präsentation ihres gemeinsamen Zehn-Punkte-Programms ganz am Ende des Kongresses die Spitzenpolitiker von Bund und Land noch anwesend gewesen wären. Auch mit ihnen hätte Tina Brockmeier die Anliegen der Jugend gern besprochen.

Weltoffenheit, Digitalisierung und Unternehmergeist

Zum Beispiel das Thema Weltoffenheit, ein weiterer Punkt auf der Agenda. Viele der Jugendlichen wünschten sich mehr Aktionen gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenangst und Intoleranz an ihren Schulen. Lange sei auch debattiert worden über die Forderung nach einer Stärkung des Unternehmergeistes bei jungen Menschen.

Christian Scharf meint, Unternehmen hätten bei Jugendlichen ein eher schlechtes Image. „Es geht darum, jungen Menschen neben einer Karriere als Angestellter oder Beamter einen dritten Weg zu zeigen, nach Nischen zu schauen. Sie dazu zu bringen zu sagen: Ich probiere mich selber aus.“

Schließlich sei Digitalisierung ein großes Thema gewesen – vor allem in Bezug auf die Kompetenzen der Lehrer. „Klar fehlt den Schulen oft die technische Anbindung, aber viele Lehrer wissen auch nicht, wie sie mit dem Thema umgehen sollen oder sperren sich dagegen“, sagt Christian Scharf.

Darum seien sich die Jugendlichen einig gewesen: „So wie wir verpflichtet sind zu lernen, müssten auch die Lehrer dazu verpflichtet werden sich in digitalen Lehrmethoden weiterzubilden.“

„Eine schöne Diskussionsrunde“, resümiert Christian Scharf. Er hätte gern noch mehr Zeit mit den Jugendlichen verbracht. Aber es geht ja weiter: 2019 werden die Workshop-Ergebnisse während der dritten Demografie-Woche vertieft und methodisch weiterbearbeitet.

Mehr zum Thema finden Sie hier:

Ergebnisse des Jugend-Workshops:

Präsentation „Jugendbeteiligung demografischer Wandel – Zukunft, nur mit uns!“


Website GOEUROPE! Europäisches Jugend Kompetenz Zentrum Sachsen-Anhalt:

www.goeurope-lsa.de

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